Patricks Domizil in der Orange Grove Ave in West Hollywood ist weitaus bescheidener als das von Mick, gefällt mir aber trotzdem ausgesprochen gut. Ein einfaches, zweigeschossiges Haus in Holzbauweise mit einer weiß getünchten Terrasse und einem kleinen, hübsch bepflanzten Vorgarten. Wir parken neben einem weiteren Porsche vor Patricks Einfahrt und ich frage mich erstmals, wie viele Gäste dort sein werden. Das nervöse Ziehen in meinem Magen mausert sich zu einem Brennen. Wir betreten die hübsche Holzveranda, und nachdem Mick geklingelt hat, dauert es nicht lange und Patrick öffnet uns die Tür.
Im ersten Moment erkenne ich ihn kaum wieder. Ergraute Schläfen, die ihn älter aussehen lassen, als er ist. Er strahlt mich an, aber ich erkenne auf den ersten Blick, wie sehr ihm die Trennung von Aimy zusetzt. Seine Augen leuchten nicht mehr wie früher, wirken glanzlos und traurig. Er ist blass, und feine Ringe zeichnen sich unter seinen Augen ab, die sich zu den reichlichen Fältchen gesellen, die sein Lächeln hervorzaubern. Ich habe ihn drei Jahre nicht gesehen, aber seine Veränderung ist offensichtlich. Seine filigranen, markanten Gesichtszüge sind dem Alter ein wenig zum Opfer gefallen, trotz allem ist er nach wie vor gnadenlos attraktiv. Als er mich zur Begrüßung in seine Arme zieht und mir rechts und links ein Küsschen auf die Wange drückt, verschwindet der Druck in meinem Magen urplötzlich.
Erstaunt lächle ich ihn an, und als er zurücklächelt, ist meine Welt in Ordnung. Dieses einzigartige Lächeln ist genauso herzlich wie vor drei Jahren. Patrick löst ein klein wenig Heimatgefühl in mir aus, warum auch immer.
„Lara, du siehst umwerfend aus, und das nach zwei Kindern, Wow, ist das zu fassen?“
Er bittet uns herein und lotst uns in den Garten, wo die Feier bereits ihren Anfang genommen hat. In einem offenen Grill lodert ein kleines Feuer und die Terrasse ist mit bunten Papierlampen geschmückt.
Wir werden den anderen Gästen vorgestellt und ich stelle mit Erleichterung fest, dass es sich eher um eine kleine, gesellige Runde handelt und nicht um eine Poolparty im großen Stil mit Hunderten von Gästen. Außer uns sind zwei weitere Pärchen da, Patricks Freund Ryan, mit seiner Frau Jessica, der, wer hätte es gedacht, auch Schauspieler ist. Außerdem eine attraktive Blondine namens Jessi sowie Patricks jüngerer Bruder Lou. Es dauert eine Weile, bis ich die Verhältnisse durchblickt habe und mir beinahe sicher bin, dass Lou und Jessi nicht zusammengehören, denn sie klebt seit Stunden an Patrick wie eine lästige Fliege an einem Pferdekopf.
Der Abend nimmt seinen Lauf. Ich fühle mich wohl, denn niemand erwähnt meine Beziehung zu Ron oder Micks Liebschaften, was mich immer mehr entspannen lässt. Ich beginne, den Abend regelrecht zu genießen, denn die Gespräche sind lustig und Lachsalven tönen über den Garten hinaus. Die Terrasse ist mäßig beleuchtet, Fackeln flackern auf der Wiese im Wind und der Pool, umgeben mit leuchtenden Lampions, rundet das Bild ab. Da es recht frisch ist, spendet ein Strahler das Nötige an Wärme. Mick unterhält sich mit Ryan, während ich den Blick durch den Garten schweifen lasse. Ich erblicke mitten auf der Wiese ein interessantes Gebilde und steuere darauf zu. Eine Mischung aus Hollywoodschaukel, da es schaukelt, und einer Hängematte, weil man sich der Länge nach drauffläzen kann. Ein Gerät, was ich zuvor nie gesehen hatte. Ich ernenne diese Entdeckung zu meinem präferierten Lieblingsplatz des heutigen Abends, denn darauf zu liegen, ist irre bequem. Sanft schaukle ich hin und her, beobachte die Sterne am Firmament und genieße die Atmosphäre. Ich bleibe jedoch nicht lange allein. Lou setzt sich zu mir und lächelt mich an. Wow, seine warmen braunen Augen, ein echter Hingucker. Dazu ein Lächeln, das an Patrick erinnert.
„Du bist also Lara aus Deutschland?“ Er lacht mit einem Mal und zwinkert mir zu. „Glaub mir, ich habe damals viel von dir zu hören gekriegt, und anfangs nur die allerübelsten Schimpftiraden.“
Ein unangenehmes Gefühl breitet sich in mir aus. Meine Güte, wovon redet er? „Ich verstehe nicht.“
Er scannt mich ab, und ich mag ihn augenblicklich. Er ist nicht weniger attraktiv als sein großer Bruder.
„Aber das hielt nicht lange an, du hast Patrick wahnsinnig überzeugt mit deiner Schauspielkunst, sodass er dich in den höchsten Tönen gelobt hat. Zur Erklärung: Wir haben ein sehr enges Verhältnis und er hat mir damals erzählt, was da los war mit euch am Set.
„Und das weißt du noch? Das ist zehn Jahre her.“ Mein Blick wandert über die Terrasse, bleibt an Jessi hängen, die keinen Millimeter von Patricks Seite weicht. Klein, zart gebaut, spärliche Ausstattung, wenig Busen, kaum Hintern. „Bist du mit ihr hier? Deine Freundin?“, frage ich, obwohl offensichtlich ist, dass sie an Patrick interessiert ist.
„Nein, ich kenne sie nicht, ist wohl ein Bikini-Model, oder so. Ich nehme an, Patricks neue love interest?“ Er verdreht die Augen amüsiert. Ich kann meinen Blick kaum von diesen abwenden.
„Patrick war anfangs wirklich ziemlich unfreundlich zu mir damals am Set.“
Lou fixiert mich leicht betrübt. „Daran bin ich nicht ganz unschuldig, fürchte ich.“ Er grinst mich gequält an. „Ich hatte mich seinerzeit mit der falschen Frau eingelassen, was Patricks und mein Leben nicht unerheblich auf den Kopf gestellt hat, und danach war er einige Jahre nicht gut auf seine Fans zu sprechen.“
Ich nicke und erinnere mich an das Telefonat mit Patrick, bei dem er etwas Ähnliches erwähnt hatte. Ich beschließe dieses Thema nicht zu vertiefen, schließlich habe ich Lou eben erst kennengelernt und ich möchte nicht neugierig wirken. Zumal mich die Gegenwart viel mehr interessiert als die Vergangenheit. „Und was ist mit dir, wo ist deine bessere Hälfte?“, frage ich und sehe mich um, wohlwissend, dass sich niemand mehr, der infrage käme, im Haus versteckt.
„Ich bin allein, ich besuche Patrick regelmäßig und unterstütze ihn bei der Scheidung und so. Er braucht ein wenig aufbauende Fürsorge.“
Ich ziehe erstaunt die Brauen hoch. Lou ist mir unglaublich sympathisch mit seinem offenen, herzlichen Wesen. „Bist du Rechtsanwalt?“
Er schmunzelt und schüttelt den Kopf. „Nein, Tierarzt.“ Er lacht. „Ich meinte eher die emotionale Unterstützung, Psyche und so, du verstehst? Darin bin ich ganz gut.“ Sein Lachen ist ebenso süß wie sein Wesen.
„Sicher, das verstehe ich. Wohnst du in der Umgebung?“ Ich mache eine ausladende Handbewegung und mustere ihn neugierig, da er wirklich mein Interesse weckt. Sein Charme ist äußerst anziehend.
„Nein, ich lebe an der Ostküste, in der Nähe von New York.“ Er seufzt leicht und schenkt mir ein gequältes Lächeln.
„Hm, nicht deine erste Wahl, wie mir scheint.“
„Ich würde lieber ländlicher leben, auf einer Farm. Das ist allein aber schwer zu bewerkstelligen.“ Er lacht kurz. „Ich sollte eine Farmerin heiraten, nicht wahr?“
Ich reiße meine Augen auf. „Bist du Single?“ Er nickt und ich fürchte, die Überraschung steht mir ins Gesicht geschrieben. Wie kann jemand wie er frei herumlaufen? Er ist traumhaft.
„Die beständige und große Liebe habe ich bisher noch nicht finden können“, meint er lächelnd, „ich suche noch danach.“
Leider wird unser hochinteressantes Gespräch an dieser Stelle unterbrochen, da sich Mick und Ryan zu uns gesellen. Nach kurzer Zeit noch Patrick und die beiden Jessicas, bis die supergemütliche Sitzgelegenheit fast unter der Menschenlast zusammenbricht.
Der Abend nimmt seinen Lauf, und der Spaßfaktor wird mit Ansteigen des Alkoholpegels langsam höher, und ich ärgere mich ein wenig, weil ich Mick versprochen habe, später zu fahren. Ich bemerke Lous Blicke, die mich hin und wieder streifen und bis in die späten Abendstunden, beinahe bis wir weit nach Mitternacht aufbrechen, frage ich mich, warum er allein ist. Die Geschichte mit der falschen Frau, auf die er sich eingelassen hat, würde mich doch brennend interessieren, und ich bereue es ein wenig, nicht nachgehakt zu haben. Vielleicht weiß Mick darüber Bescheid, so wie Patrick anscheinend bestens über unser Dreierproblem unterrichtet ist, und kann mir nachher davon erzählen.